Worauf freust du dich am meisten?
Das Stichwort «Familie» wird auf diese Frage hin eindeutig am häufigsten erwähnt – und meint nicht nur Eltern und ihre Kinder, sondern auch Grosseltern, Verwandte und Bekannte. Nicht wenige unserer Schüler/innen, Trainees und Mitarbeitenden haben Geschwister oder Eltern, die in weit entfernten Provinzen des Landes oder in Thailand arbeiten und nur an Khmer Neujahr oder Pchum Bun (wichtige religiöse Feiertage im September) auf Besuch kommen können. Die Familien verbringen v.a. Zeit zuhause oder besuchen gemeinsam eine Pagode, manche machen auch einen Ausflug. Pagoden sind buddhistische Anbetungshäuser, wo man an Khmer Neujahr auch Essensstände und traditionelle Spiele antrifft und getanzt wird – tagsüber zu traditioneller Musik und abends zu moderner. Die Mönche organisieren auch Theaterszenen, die eine Hochzeit imitieren – das Paar wird dabei von zwei unverheirateten oder zwei ungebundenen jungen Erwachsenen gespielt. Minea schmunzelt: «Manchmal verlieben sich die beiden später ineinander.» Eines der Spiele wird an den Hauptfeiertagen nicht nur in den Pagoden, sondern gefühlt überall gespielt, vor allem auf den Strassen: Wasserschlacht! Gerne auch mit Mehl oder Babypuder, das man sich gegenseitig aufs Gesicht schmiert. Kaum jemand hat etwas dagegen, denn der April ist der heisseste Monat des Jahres und nasse Kleider trocknen schnell. Inzwischen werden an vielen Strassenständen Plastik-Schutzhüllen fürs Handy verkauft… 😊

Gibt es auch etwas, was du an Khmer Neujahr nicht magst?
Da fallen die Antworten spärlich aus… Einige Schüler/innen bedauern, dass die Eltern ihnen nicht erlauben, alleine einen Ausflug zu machen. Auch erwähnt wird der Verkehr, der in diesen Tagen gefährlich sein kann, weil viele übermütig oder auch angetrunken unterwegs sind.

Viele unserer Freunde in der Schweiz kennen Khmer Neujahr nicht. Was würdest du ihnen sonst noch über dieses Fest berichten?
In der Pagoda finden an diesen Tagen verschiedene religiöse Zeremonien statt, z.B. das Begiessen von Buddhastatuen mit Wasser, das mit Blumen und ätherischen Ölen versehen wurde. Auch wird viel Geld an die Pagoden gespendet.

Minea strahlt und erzählt…

Zuhause werden die Grosseltern und auch Eltern von ihren Kindern und Grosskindern mit Wasser übergossen (gewaschen), um ihnen damit ihre Wertschätzung auszudrücken. Minea strahlt, wenn sie davon erzählt: «Sie haben uns grossgezogen – nun können wir ihnen dienen, Dankbarkeit und Fürsorge ausdrücken. Es ist ein sehr schönes und bedeutungsvolles Ritual». Die Eltern und Grosseltern erhalten auch Essen oder andere Geschenke.

Geschmückter Tisch für den Engel

Oft genannt wird auch das «Begrüssen des Engels». Minea erklärt das etwas genauer: «Eine Legende erzählt, dass der Herrscher über den Himmel zwölf Töchter hat. Abwechselnd besucht jedes Jahr eine von ihnen als Engel die Menschen in ihren Häusern und kümmert sich dann während des Jahres um die Erde. Um diesen Engel willkommen zu heissen und Segen zu erbitten, schmücken Kambodschaner/innen einen Tisch und legen Essen für ihn bereit.» Die Abfolge von zwölf Jahren, denen je ein Tier zugeordnet wird, entstammt der chinesischen Astrologie. Vanna, Leiter von Lighthouse Battambang und Pastor einer kleinen Baptistengemeinde: «Die Menschen denken, diese Legende sei buddhistisch – aber die eigentliche Lehre des Buddhismus kennt weder Himmel noch Hölle. An Khmer Neujahr reden die Leute vom Himmel – dort können wir mit der biblischen Botschaft anknüpfen.» Als er darüber spricht, wird seine Begeisterung spürbar: «Ich sehe das ähnlich wie Weihnachten in der westlichen Welt: Viele Menschen sind während dieser Feste offener für den Glauben – wie viel oder wenig ihnen der spirituelle Hintergrund auch bedeutet, alle haben sie eine emotionale Verbindung zum Fest, weil sie damit aufgewachsen sind. Ich glaube, diese Zeiten können wir besonders nutzen, um ihnen die gute Nachricht von Jesus nahezubringen.»

Vanna: «Menschen denken…

Ein weiterer Hintergrund des Festes: Die Bauern ruhen aus und feiern die eingebrachte Ernte. So lange sie auf den Regen nach der langen Trockenzeit warten, können sie so oder so noch keinen neuen Reis säen. Es gibt auch Zeremonien, in denen um Regen gebeten wird. Dieser wird aber erfahrungsgemäss erst im Juni kommen. Vorerst ist das Wasser aber noch nicht so knapp, dass keine Wasserschlachten möglich wären.